Meine Quelle ist pleite

Die Quelle ist pleite und obwohl sich die bayerische Politik gegen dieses Faktum wehrt, hat der Markt bereits entschieden. Da nutze es nichts, dass Ministerpräsident Horst Seehofer den Druckauftrag für den letzten Katalog quasi persönlich gab und mit Steuergeldern die Quelle unterstützte. Der Markt hat entschieden, so hart es klingt. Ein Unternehmen wie Quelle hat den Anschluss an die Moderne verpasst. Die Mitarbeiter haben einen guten Job gemacht, versagt hatte die Konzernleitung, die den Laden nicht umgebaut hat. Sagt mal, wofür bekommt ihr eure Gehälter?

Als ob Onlinehandel und verändertes Kaufverhalten nicht zu bemerken sind. Darf ich vorstellen, es gibt da zum Beispiel eine kleine US-Firma. Sie heißt Amazon. Schon mal davon gehört? Ich tu mich schwer, der Quelle richtig nachzuweinen und hier meine ich ausdrücklich nicht die Mitarbeiter. Wie viele kleine Einzelhändler hat Quelle, Karstadt und Co platt gemacht und keiner außer den betroffenen Familien hat geweint. Bei den Kleinen ist keine Staatsknete geflossen. Aber zurück zur Quelle.

Mit der Quelle bin ich aufgewachsen. Meine Eltern waren begeisterte Quelle-Kunden. Der Quelle-Katalog kam ins Haus und dann begann familienintern die Auswahl. Ab und zu fuhr die ganze Familie nach Fürth und kaufte im riesigen Kaufladen direkt ein. Mein Kumpel Bert ist sogar mal Lastwagen für die Quelle gefahren und mein Kumpel Thomas arbeitete in der EDV als es noch Bandmaschinen gab. Unser Heim hatte zahlreiche Quelle-Geräte im Einsatz. Ich glaube, die Eigenmarken hießen Universum und Privileg. Coole Namen aus einem vergangenen Jahrtausend. Meine erste elektrische Schreibmaschine kam von der Quelle und auf ihr tippte ich meine Facharbeit. Sie hatte sogar ein Korrekturband, so dass Tippex nicht mehr gebraucht wurde. Die Maschine hatte eine Schnittstelle und es gelang mir als Schüler später meinen C64 an diese Maschine anzuschließen. Nur die Umlaute ä, ü, ö und das ß wurden nicht gedruckt.

Quelle hatte bei mir aber Schaden als Jugendlicher genommen. Ich wollte unbedingt einen Sony Walkman haben. Das Ding war eine Revolution für mich. Meine Musik auf Kassette immer dabei, immer am Mann. Der Walkman war das Statussymbol in der Schule. Meinen Eltern teilte ich diesen Wunsch mit und ich bekam zu Weihnachten ein mobiles Kassettenabspielgerät der Quelle-Marke Universum. Es hatte sogar noch ein Radioteil und war eigentlich besser ausgestattet als der ersehnte Walkman. Doch es war kein Walkman. Meine Eltern kauften bei der Quelle und da gab es kein Sony.

Doch das war einmal. Quelle ist Geschichte. Etwas Neues kommt nach.

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6 Antworten to “Meine Quelle ist pleite”

  1. Bert Says:

    Ja, da wird sich Grete S. im Grab umdrehen.
    Wie Erben ein Lebenswerk durch den Schornstein jagen können ohne Heizwert.
    Ein Verwandter war früher einmal bei einem Unternehmen von G. Schickedanz beschäftigt (VP).

    cheers aus Hamburg
    Bert

  2. Dodo Says:

    Bei mir zuhause gab es keine Quelle-Geräte und auch sonst nix aus dem Versandhaus. Meine Eltern als selbständige Einzelhändler hätten niemals dort eingekauft. Weder über den Katalog noch direkt vor Ort in Fürth. Ich kenne es seit frühester Kindheit nicht anders, als dass bei den Einzelhändlern am Ort oder in der näheren Umgebung eingekauft wird. Mit allen Vor- und Nachteilen. Manchmal bedauere ich, dass ich diese Haltung heute nicht genauso konsequent durchziehe wie meine Eltern. Doch leider bin ich bei manchem „Fachhändler“ um die Ecke einfach mit der Beratung nicht zufrieden. Ich hoffe sehr, dass der Einzelhandel aus dem Straucheln der Großen lernt und sich auf seine Stärken besinnt. Der persönliche Kontakt und die individuelle, qualifizierte Beratung. Quelle weine ICH keine Träne nach.
    Ach ja, da kommt noch eine Kindheitserinnerung hoch: Wenn zum Basteln in die (Vor)Schule ein Versandhauskatalog mitgebracht werden sollte, hatte ich immer das Problem, dass es bei uns zuhause sowas gar nicht gab 😉

  3. Francesco Says:

    Da bleibt mir eigentlich nicht mehr viel zu sagen – steht ja alles da 🙂 Aber ja, der Universum Walkman war eben wirklich kein Sony. Und obwohl er mit Radio und Schiebe-Equalizer mehr Funktionen hatte als der Sony, so war das Gehäuse dennoch klappriger und der Ton (über die mitgelieferten Kopfhörer sprechen wir erstmal garnicht) nie so gut. Es hat doch eben oft auch Gründe, weshalb die Markenartikel auch teurer sind… Aber wir wollen da jetzt mal keine Apple vs. PC Diskussion draus machen ;D

    Nicht alles von Quelle war schlecht, aber es war auch kein Vorbild Deutscher Handelsmarken oder Versandhäuser… Bei Otto gab’s übrigens soweit ich mich erinnern kann immer auch die „großen“ Marken… Da hatten meine Eltern auch öfter bestellt als bei Quelle – und heute gibt’s den auch noch. Laut comscore.com 2007 sogar als Marktführer vor Amazon und Quelle… Was machen die denn anders?

  4. Vip-Raum » Blog Archive » Meine Erinnerung an die Quelle Says:

    […] oder zu irgendwelchen Jahrestagen “meine Erinnerung an die Quelle” gefragt ist. Andere habe damit längst angefangen. Im Augenblick geht es in den Medien zwar erst einmal um die […]

  5. KnütterBüx Says:

    Quelle war eigentlich nie die Quelle, um meine Konsumbedürfnisse zu stillen!

    Trotzdem habt mich so manches am Gründer-Paar Schickedanz fasziniert…

    Das dann die 2. Generation die „klassischen Fehler“ machte, war ab dem Moment absehbar, als fremdes Personal ( die besagen Nieten in N….) ins Management geholt wurde!

  6. Walkman – ruhe in Frieden « Redaktion42′s Weblog Says:

    […] kamen und gingen, dieser ist geblieben. Wie ich schon in diesem Blog berichtet habe, war es ein langer Kampf zum Walkman. Meine Eltern kauften mir zunächst einen Universum Player von Quelle. Doch das war absolut uncool. […]

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