Medienkompetenz: Achten auf Fake-Bewertungen

Immer wieder nerven mich Kollegen, dass ich bei Amazon oder in meinem Blog positive Bewertungen für ihre Bücher abgeben soll. Um es gleich zu sagen: So etwas mache ich nicht. Wenn ich ein Produkt bewerte und bespreche, dann aus eigenem Antrieb und nicht weil man auf die eine oder andere Art befreundet ist. Wenn das Produkt gut ist und mich überzeugt, gebe ich gerne meinen positiven Senf ab. Ich versau mir sonst meinen Namen.

Dabei sind öffentliche Bewertungen eine Revolution. Das ist Web 2.0 pur.

Händler und Käufer machen ein Geschäft und am Ende steht eine öffentliche Bewertung. Früher erzählte ich meinen Kumpels in der Schule oder der Uni, das dieser oder jener Laden einen guten Service hat. Es erfuhren im Bestfall 20 Leute. Heute mache ich meine Bewertungen öffentlich, sei es durch ein einfaches „Gefällt mir“, durch ein Punktesystem oder einen Text. Wenn es viele Leute machen, dann können sich andere eine Meinung bilden. Das ist wahrlich eine Revolution.

Natürlich versuchen Schlaumeier immer diese Weisheit der Masse zu umgehen und fälschen Einträge oder fingieren Statements. Bestes Beispiel vor kurzem die positive Bewertung des WeTab durch den eigenen Geschäftsführer. Peinlich, peinlich.

Zum Weihnachtsgeschäft veröffentlicht der Bundesverband Digitale Wirtschaft (BVDW) e.V. 10 Tipps um echte Kommentare und Bewertungen für den Online-Einkauf im Social Web zu nutzen. Anhand der Leitlinien lassen sich so genannte „Fake“-Rezensionen in Online-Shops und Diskussionsforen, auf Blogs und Bewertungs- sowie Preisvergleichsportalen aufdecken. Gerade bei der Suche nach passenden Weihnachtsgeschenken oder einem neuen Fernseher, Notebook oder einfach nur dem nächsten Buch spielen Nutzermeinungen eine immer stärkere Rolle beim Kaufentscheidungsprozess. Das ist Medienkompetenz, die wir erlernen müssen.

1. Achten Sie auf ausreichend viele Empfehlungen

Sie sollten sich einen Überblick verschaffen, wie viele Empfehlungen zu einem Produkt bereits abgegeben wurden. Zehn bis fünfzehn Aussagen zu einem bestimmten Produkt geben Sicherheit, dass die Aussagen vertrauenswürdig erscheinen.

2. Prüfen Sie die Aktualität der Empfehlungen

In unserer schnelllebigen Welt, in der die Lebenszyklen von Produkten immer kürzer werden, ist es von besonderer Bedeutung, auf die Aktualität von Bewertungen zu achten. Handys, Spielekonsolen oder andere technische Produkte können sehr schnell veralten und nicht mehr dem neuesten Standard entsprechen.

3. Lesen Sie auch die negativen Bewertungen

Wenn eine Person ein Produkt negativ bewertet, bedeutet dies noch lange nicht, dass es schlecht ist. Andererseits können Negativempfehlungen auch den entscheidenden Nachteil eines Produktes beschreiben, welchen Sie vermeiden möchten. Eine ausreichende Anzahl negativer Aussagen kann Ihnen weiterhelfen.

4. Achten Sie auf den Kontext: Schlechte Empfehlungen müssen nicht schlecht sein!

Wenn eine Person eine Bewertung oder einen Kommentar zu einem Produkt oder einer Dienstleistung abgibt, beschreibt er sein subjektives Empfinden. War der Bewertende zur Regenzeit im Urlaub? Hat der Kunde ein internetfähiges Handy, wohnt aber in einer ländlichen Gegend ohne Internetzugang? Der Orts-, Zeit- und Kontextbezug sollte – sofern möglich – berücksichtigt werden.

5. Erkennen Sie „Fake“-Empfehlungen (1): Nur positive Produktbewertungen.

Gibt es nur positive und keine negativen Bewertungen, sollten Sie skeptisch werden. Insbesondere dann, wenn der Shop oder das Online-Portal Einfluss auf die Bewertungsinhalte nehmen kann. Selbstverständlich gibt es Produkte, welche nur positive Bewertungen erhalten. Eine neue Innovation wie das iPad von Apple bekommt nur selten eine negative Bewertung. Diese wenigen „Überfliegerprodukte“ sind jedoch weitläufig bekannt, sodass Sie hierfür eigentlich keine Empfehlungen lesen müssten. Bewertungen sind gerade bei Produkten wichtig, welche nicht im Rampenlicht der Medien und Marketer stehen.

6. Erkennen Sie „Fake“-Empfehlungen (2): Formulierungen

Sind alle Empfehlungen im selben sprachlichen Stil und hinsichtlich Rechtschreib- und Kommafehler einheitlich geschrieben, ist höchste Vorsicht geboten. Empfehlungsgebende haben sicherlich nicht alle denselben Sprachstil und die gleiche Wortwahl. Der eine gibt sich mehr Mühe und liest seine Empfehlung nochmals nach Rechtschreib- und Grammatikfehlern durch, der andere nicht.

7. Erkennen Sie „Fake“-Empfehlungen (3): Formulierungen googeln

Sind nur wenige Bewertungen zu einem Produkt vorhanden oder widersprechen sich die gemachten Aussagen besonders stark, machen Sie den Google-Test. Kopieren Sie die „verdächtigen“ Aussagen, fügen Sie diese in die Google-Suchmaske ein und durchsuchen Sie das Internet nach dieser Formulierung. Wenn Sie dieselbe Formulierung zu einem Produkt auf verschiedenen, voneinander unabhängigen Shop-Seiten wieder finden, ist dies in der Regel eine gezielt gefakte Bewertung des Herstellers oder Vertreibenden des Produkts.

8. Prüfen Sie die Empfehlungen der Shops (Recommender)

Recommender sind Empfehlungen der Online-Shops, in welchen sie dem Kunden aufzeigen, welche Produkte ihn noch interessieren könnten. Mit „andere Kunden, die diesen Artikel gekauft haben, kauften auch“ oder „ähnliche verfügbare Artikel, für die Sie sich interessieren könnten“, versuchen die Shops ihren Umsatz zu steigern. Doch Vorsicht, nur weil andere das benannte Produkt auch gekauft haben, muss es Ihnen noch lange nicht gefallen oder preislich bzw. funktional dem entsprechend, was Sie sich vorstellen. Prüfen Sie solche Empfehlungen.

9. Nutzen Sie verschiedene Informationsquellen

Vergleichen Sie die Bewertungen verschiedener Online-Shops, Foren, Blogs und Bewertungsportalen. Werden die Produkte auf verschiedenen Portalen ähnlich bewertet, können Sie davon ausgehen, dass sie authentisch sind.

10. Achten Sie auf versteckte Kosten

Insbesondere über Empfehlungsportale oder Preissuchmaschinen gelangen Sie zu den günstigsten Angeboten. Auch diese Form der Empfehlung bzw. Preisempfehlung sollten Sie genauer betrachten. Oftmals gibt es erhebliche Unterschiede in den Versand- oder auch Retouren-Kosten. Das billigste Angebot ist nicht immer das günstigste.

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2 Antworten to “Medienkompetenz: Achten auf Fake-Bewertungen”

  1. Evelyn Says:

    Lieber Matthias,
    sehr schön auf den Punkt gebracht.

    Grüße
    Evelyn

  2. Thomas Schmelzer Says:

    Auch ich bekomme immer wieder Bitten, eine positive Wertung abzugeben. Wenn ich etwas negativ bewerte, kann es sein, dass der autor oder der Verlag darum bittet, das zu korrigieren. Mache ich auch nicht.

    Was mir besonders auffällt: Manche DVDs oder Bücher werden überschwänglich gelobt, noch bevor sie herausgekommen sind. Das sind oft sichere Anzeichen für Fake.

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